Herausforderungen der deutschen Energieversorgung
Der ursprüngliche Plan, die Energieerzeugungsinfrastruktur neben dem kontinuierlichen Ausbau der Erneuerbarer Energien mit der Erdgas-Verstromung zu ergänzen war von langer Hand geplant – doch nun fällt die Prognose düster aus. Hierbei lediglich von Handlungs- oder Anpassungsbedarf zu sprechen, verharmlost die Situation. Denn Deutschland befindet sich im Energiesektor eher im Zwang eines radikalen Umdenkens und der schnellen Suche nach einem Plan B.
Spätestens seit der Absenkung der russischen Liefermengen und dem Ausrufen der Alarmstufe und damit der Stufe 2 des dreistufigen Gasnotfallplans, wird Erdgas zur Mangelware bestimmt und fällt für die geplante Verstromung fast vollständig aus. Warum das so prekär ist, zeigt ein Blick in den Kraftwerk-Ausbau-Plan der Bundesnetzagentur aus dem vergangenen Dezember. Bis 2025 sollten insgesamt 16,1 GW installierte Leistung, vorrangig die noch verbleibenden Atommeiler sowie diverse Braun- und Steinkohlekraftwerke, vom Netz gehen. Dem entgegen stehen über 30 Gaskraftwerke mit 3,6 GW installierter Leistung, die zusammen mit dem ständigen Ausbau Erneuerbarer Energien die Lücke schließen sollten.
Doch was nun?
Aus reinen Nachhaltigkeitsaspekten macht die Substitution der Kohle- zu Gas-Verstromung absolut Sinn, da der CO2-Ausstoß gemessen an einer kWh bis zu 2/3 niedriger ist. Auch der 2011 beschlossene Kernenergie-Ausstieg mit dem Jahr 2022 wurde im Kontext des Generationenvertrags und mangels Lösungen für Endlagerstätten für schlüssig befunden. Das Problem ist, dass alle diese in der Historie gefassten Beschlüsse eines voraus setzen: die Verfügbarkeit von Erdgas.
Auch mit Blick auf die kommenden Jahre verkompliziert sich die Situation zusätzlich. Die Elektrifizierung verschiedener Prozesse wie beispielsweise der strukturelle Umstieg auf E-Mobilität oder Wärmepumpen im Gebäudesektor lassen unseren „Stromhunger“ weiter ansteigen. Analysten des Fraunhofer Instituts prognostizieren für 2030 rund 700 TWh.
Nun stellt sich die Frage, mit welcher Methodik und vor allem welcher grundlastfähigen Technologie Deutschland die Brückenversorgung bis zur vollständigen klimaneutralen Erzeugung (geplant 2050) sicherstellen möchte.
Der Konflikt ist offensichtlich:
- Verlängerung Kohlekraftwerke
Verfehlung der gesteckten Klimaziele - Verlängerung Kernkraftwerke
Risiko-Technologie und fehlendes Endlager - Rasanter Ausbau weiterer EE-Anlagen
inkl. Speichermöglichkeiten
Kostenproblem - Zubau diverser LNG-Terminals zur Substitution der ehemaligen russischen Gaskontingente
Verfügbarkeits- und Kostenproblem - Keine wesentlichen Substitutionspläne
Gefährdung der Versorgungssicherheit
Die Aufstellung zeigt: der Umbau bringt Opfer mit sich.
Es bleibt abzuwarten, welche Chancen sich ergeben, um die Substitution der reduzierten oder perspektivisch gar ganz ausfallenden russischen Gasmengen möglichst schadensarm zu bewältigen.



