Energiemärkte
Merit-Order
Ein Schlüssel zur Preisbildung am Energiemarkt
Der Strommix in Deutschland hat sich in den letzten Jahren stark verändert. Die zunehmende Integration erneuerbarer Energien wie durch Wind und Sonne, aber auch der Ausstieg aus der Kohleverstromung prägen die Energieversorgung des Landes. Im Hinblick auf das EU-Emissionshandelssystem (EU-ETS 2), welches ab dem 1. Januar 2027 den nationalen CO2-Preis in Deutschland ersetzt, rückt das Thema der Preisbildung auf den Energiemärkten immer stärker in den Fokus. Insbesondere Unternehmen sehen sich mit steigenden Strom- und Gaspreisen konfrontiert. Doch wie kommen diese Preise eigentlich zustande? Eine entscheidende Rolle spielt dabei das Merit-Order-Prinzip.
Was ist die Merit-Order?

Das Prinzip der Merit-Order beschreibt die Reihenfolge, nach welcher Kraftwerke – basierend auf ihren Stromgestehungskosten – zur Energieversorgung herangezogen werden. Vereinfacht gesagt bedeutet es, dass die Kraftwerke mit den niedrigsten Produktionskosten zuerst eingespeist werden. Bei der Stromerzeugung erfolgt dies nach den variablen Kosten der einzelnen Erzeugungstechnologien. Wind- und Solarenergie haben sehr niedrige oder gar keine variablen Kosten, während Gaskraftwerke und Kohlekraftwerke mit höheren Gestehungskosten ins Rennen gehen. Diese Reihenfolge beeinflusst den Strompreis, da der letzte, zur Deckung der Nachfrage eingesetzte Kraftwerkstyp den Preis für alle vorherigen
Kraftwerke bestimmt – ein Konzept, das als Uniform Pricing bekannt ist.
Merit-Order-Effekt der erneuerbaren Energien
Merit-Order-Effekt (MOE)
Durch die insgesamt sinkenden Stromproduktionskosten verändert sich die traditionelle Reihenfolge der Kraftwerke in der Merit-Order. Besonders deutlich wird dieser Effekt durch
den voranschreitenden Ausbau nachhaltiger Energiequellen. Erneuerbare Energien wie Photovoltaik, Windkraft und Biomasse, Solar- und Windkraftanlagen, welche schwankend
Energie erzeugen, haben nahezu keine Grenzkosten, da sie keine Brennstoffe wie Kohle oder Gas benötigen.
Dadurch verdrängen sie konventionelle Spitzenlastkraftwerke wie beispielsweise Gaskraftwerke weiter nach hinten in der Merit-Order. Dieser Prozess wird als Merit-Order-Effekt
(MOE) der erneuerbaren Energien bezeichnet. Konventionelle Kraftwerke müssen jedoch nach wie vor den verbleibenden Strombedarf, den die erneuerbaren Quellen nicht abdecken
können (Residuallast), bereitstellen.
Ausblick

In Zukunft könnte das Merit-Order-Prinzip einer grundlegenden Veränderung unterzogen werden. Die Diskussion um eine mögliche Entkopplung von Strom und Gaspreismodellen nimmt Fahrt auf.
Diese Loslösung könnte dazu führen, dass Strompreise nicht mehr so stark von den Gaspreisen abhängen. Für Unternehmen bedeutet dies, dass die Preisbildung transparenter und möglicherweise stabiler wird.
Die Bedeutung des Merit-Order-Prinzips wird in den kommenden Jahren weiterhin groß bleiben – vor allem im Hinblick auf die Energiepolitik, welche den Ausbau erneuerbarer Energien und die Vermeidung von Preisschwankungen fördern möchte.
Unternehmen müssen Mechanismen verstehen, sich auf die zukünftigen Veränderungen vorbereiten und Strategien entwickeln, um ihre Energiekosten auch langfristig zu optimieren.