Energieeffizienz, Energiemärkte, Fördermittel, Gesetzgebung
Fundament der Strombeschaffung
Das Fundament einer Beschaffungsstrategie kann und darf unter Berücksichtigung einer sich kontinuierlichen verändernden Energielandschaft nicht auf einen einmalig festgelegten
Bauplan reduziert werden.
Regulatorische Unsicherheiten, der Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit sowie die Erfüllung sich kontinuierlich ändernder Compliance-Anforderungen erfordern, je nach Betrachtungsrahmen, eine unterschiedliche Gewichtung der jeweiligen Bausteine. Diese müssen im Kontext einer tragfähigen und unternehmensbezogenen Beschaffungsstrategie berücksichtigt werden.
Dieser Strukturwandel erfordert eine notwendige Neuausrichtung der Beschaffungsstrategie – wir wagen einen ersten Schritt in der Darstellung drei relevanter Bausteine:
1 Energiewirtschaft und -Politik
Der deutsche Energiemarkt befindet sich in einer kontinuierlichen Novellierung, welche durch eine Vielzahl an national- und geopolitischen Einflüssen sowie bestehenden Wirkzusammenhängen zwischen Strom-, Gas- und CO2-Markt bestimmt wird.
Ein gewichtiger Faktor ist das Ziel der Klimaneutralität bis zum Jahr 2045. Und wie konsequent diese Bestrebungen bereits in Umsetzung sind, zeigt sich durch das abgelaufene
Kalenderjahr 2023, in dem fast 60 % der Nettostromerzeugung Deutschlands aus erneuerbaren Energien entstammten. Ungeklärt bleibt jedoch weiterhin die Frage der Substitution
im Hinblick auf grundlastfähige Technologien wie bereits vom Netz genommener bzw. im Rückbau befindlicher Atom- und Kohlekraftwerke. Bis zum Jahr 2026 ist die Abschaltung bzw.
der Rückbau (gesichert) von weiteren ca. 4,4 GW Grundlastkraftwerken (Kohlekraft) geplant, der Zubau beschränkt sich auf ca. 0,8 GW nicht grundlastfähiger Gaskraftwerke.
Bedingt durch fehlende Flexibilitäten wie bspw. durch Speicher oder Demand-Side-Management kann weiterhin von einer Zunahme der dargebotsbedingten Volatilität sowie der
Importabhängigkeit bei schwacher Einspeisung erneuerbarer Energien (Wind und Solar) ausgegangen werden. Bis zur perspektivischen Überwindung des vorhandenen Defizits werden konventionelle Brennstoffe wie Erdgas zur Bereitstellung von Regelleistung zur Stabilisierung des Energiesystems weiterhin eine feste Größe sein – was sich auch aus der „ Kraftwerksstrategie“, welche u. a. ein Gesamtausschreibungsvolumen von ca. 23,8 GW an Gaskraftwerken beinhaltet, des Bundeswirtschaftsministeriums (BMWK) ableiten lässt.
2 Beschaffungsmodelle
Wie zuvor dargestellt, können unterschiedliche Faktoren starke Preisschwankungen an den Energiebörsen nach sich ziehen. In diesem Zusammenhang kann seitens des Unternehmens eine dedizierte Auseinandersetzung mit dem Baustein „Beschaffungsmodelle“ notwendig sein, um die Eigenschaften von Modellen mit kurz-, mittel- und langfristiger Erfüllung hervorheben zu können.
Spotpreisbeschaffung
Tranchenbeschaffung
Fest-/ Spotpreisbeschaffung
Festpreisbeschaffung
3 Unternehmensvorgaben
Planungssicherheit:
- Bedarfsmengenplanung u. a. in Abhängigkeit von Produktionserwartungen (Reduktion des Mengenrisikos)
- Reduktion des Preisrisikos (Marktpreisschwankung)
Optimierung:
- Preisopportunität und -Optimierung (u. a. Eingriffsmöglichkeiten zur nachträglichen Steuerung)
- Eigenerzeugungsanlagen und Speichereinheiten (Bedarfsdeckung und Vermarktung von Restmengen)
Nachhaltigkeitsanforderungen:
- Bezug von „Ökostrom“ unter Berücksichtigung von Qualitätsanforderungen an das jeweilige Zertifikat
Lieferantenverhältnis:
- Bonität und Gesellschaftsstruktur (private Anbieter, Stadt- & Gemeindewerke sowie börsennotierte Konzerne)
- Zahlungsbedingungen (u. a. Sicherheitsleistungen / Vorauszahlungen)
- Flexibilisierungsoptionen (u. a. Wechsel aus Spot- in den Terminmarkt)
- Vertragliche Vereinbarkeit mit Eigenerzeugungsanlagen (zukünftig)
Darüber hinaus spielen Eigenerzeugungsanlagen und Speichereinheiten eine wichtige Rolle bei der Deckung des Energiebedarfs und der Vermarktung von Restmengen. Beides trägt zur weiteren Risikominimierung bei und senkt zeitgleich die Umweltauswirkungen eines Betriebes.
Im Bereich der Nachhaltigkeit setzen Unternehmen also auf die direkte und indirekte Reduktion der CO2-Emissionen, um ihren ökologischen Fußabdruck zu dezimieren.
Der Einsatz von erneuerbaren Energien unterstützt nicht nur die Nachhaltigkeitsstrategie des Unternehmens, sondern trägt darüber hinaus auch zur Verbesserung des Unternehmensimages bei. Der Druck seitens der Endverbraucher, insbesondere im Konsumgüterbereich, und die Möglichkeit, Reduktionsund Entlastungspotenziale im Kontext staatlicher Umlagen zu heben, sind weitere treibende Kräfte. Der Bezug von „Ökostrom“, welcher bestimmte Qualitätsanforderungen erfüllt, gewinnt zunehmend an Bedeutung.
Auch das Lieferantenverhältnis spielt eine entscheidende Rolle bei der ganzheitlichen Implementierung einer zukunftsfähigen Energiebeschaffung. Hierbei werden die Bonität sowie die Gesellschaftsstruktur des Anbieters berücksichtigt, wobei es sich um private Anbieter, Stadt- und Gemeindewerke oder börsennotierte Konzerne handeln kann. Die Zahlungsbedingungen, einschließlich Sicherheitsleistungen und Vorauszahlungen, sowie Flexibilisierungsoptionen wie der Wechsel vom Spot- in den Terminmarkt sind wichtige Vertragsbestandteile. Zudem wird die vertragliche Vereinbarkeit mit Eigenerzeugungsanlagen in der Zukunft immer relevanter werden, um die nachhaltige und wirtschaftlich optimierte Energieversorgung langfristig zu sichern. Überführung der Unternehmensvorgaben in eine Beschaffungsstrategie
Die Überführung der Bausteine in eine Beschaffungsstrategie kann nicht auf ein einfaches „Matching“ einzelner marktspezifischer und unternehmensbezogener Aspekte reduziert werden, sondern erfordert eine sorgfältige Analyse und Bewertung.
Alles in allem macht das aktuelle Marktumfeld eine Individualisierung möglich, fordert diese gleichzeitig aber auch aktiv ein – doch wo immer sich Chancen und Möglichkeiten ergeben, entstehen auch Risiken. Diese gilt es zu besprechen und individualisiert in eine geeignete Strategie aufzunehmen. Folgende Fragestellung sollte dabei im Fokus stehen:
Wie muss eine unternehmensindividuelle Strategie ausgestaltet sein, um den Herausforderungen am Markt entsprechen zu können?